Rede am 25.Mai im Wiener Gemeinderat anläßlich der Eröffnung des Norwest fürs Brut und andere Kulturinitiativen
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuschauer und Zuschauerinnen online!
Das Nordwest für brut ist gut, könnte man sagen, aber das Nordwest ist auch für viele andere gut. Hier zeigt sich, was ein kooperatives Probehaus können kann: Es ist gleichzeitig Aufführungsraum und Werkstatt und Workshopraum und Atelier und spartenübergreifend für KünstlerInnen aus allen Bereichen. Kurz gesagt, es ist ein Beispiel für etwas, was die Szene sich seit langem wünscht. Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Nordwest nur für temporäre Zeit genutzt werden kann, das heißt, in drei Jahren müssen leider die Künstlerinnen und Künstler den Raum wieder verlassen, weil das Haus dann geschliffen wird. Und damit wird wohl auch ein Teil des Netzwerkes sterben, das sich zu dieser Zeit dann dort entwickelt hat. Das ist ein Problem, das wir kennen. Das ist immer wieder bei der temporären Nutzung so, dass eine Szene, die sich an einem Ort etabliert hat, die einen Ort lieb gewonnen hat, dort auch gerne länger bleiben würde. Und meistens ist das Publikum auch da und hat den auch schon akzeptiert. Das macht es nicht einfach, solche Orte wieder loszulassen.
Ich aber werde mich trotz dieser Schwierigkeiten weiter für Leerstand und Zwischennutzung einsetzen!
Weil Zwischennutzung sinnvoll ist. Weil die Zwischennutzung trotz aller Traurigkeit beim Abschied unbekannte Gebäude zum Leben erwecken kann und damit die Stadt zum Pulsieren bringt, oft an sehr dezentralen Stellen, an Stellen, die vorher noch nicht so viel Interventionen der Kultur gehabt haben.
Ich freue mich, wenn Wien es in Zukunft noch intensiver angeht, die Leerstände in Gebäuden im Besitz der Stadt Wien besser und einfacher zu öffnen. Mit der Leerstandsagentur – Kreative Räume ist da ein Anfang gemacht worden, aber es braucht mehr. Da muss ich meinem Kollegen Eppinger Recht geben.
Es braucht günstigere Mieten für Zwischennutzung und einfachere Verfahren, um städtische Liegenschaften auch für begrenzte Zeit zu vermieten oder mieten zu können.
An dieser Stelle möchte ich gerne einen Appell an die Gemeinde Wien richten und an die Stadt, dass sie die Leerstände, die es hier gibt, und es gibt sie, wir wissen es alle, dass sie die Leerstände leichter zugänglich macht, und vor allen Dingen, dass die Mieten auch ein bisschen günstiger werden.
Im Moment sind die Mieten für Objekte im Besitz der Stadt so hoch wie es der Markt will, und das ist oft höher, als es Künstlerinnen und Künstler zahlen können.
Da wäre es günstig, sich was zu überlegen. Ich bin auch überzeugt, würde die Stadt Wien mehr leerstehende Gebäude zugänglich machen, wäre auch das mit dem Abschiednehmen leichter: weil jeder, der dann Abschied nimmt, weiß, dann er wird wieder was anderes bekommen. Es wird an einem anderen Ort wieder ein neues Gebäude aufgehen, ein neuer Ort aufgehen. Mit dem Blick auf Neues kann man das Gewohnte bekanntermaßen leichter loslassen.
Das ist Psychologie.
Das heißt, es wäre viel leichter für uns alle.
Aber zurück zum Kooperationshaus, zum Nordwest. Was jetzt für die nächsten drei Jahre gut ist, sollte Vorbild und Experimentierfeld sein, wie wir in Zukunft genauso einen Kulturcampus bauen könnten, ein größeres Areal möglichst mit Freiflächen, wo Menschen zusammenkommen, ein Areal, das gleichzeitig flexible Proberäume bietet und Aufführungsstätten und die notwendige technische Voraussetzung, damit die Aufführungen auch stattfinden können, möglichst mit Innen- und Außenräumen. Ein Ort, an dem Artists in Residence leben und arbeiten können, an denen Leute, Besucherinnen und Besucher, die Atmosphäre genießen, und an dem man einfach zusammenkommen kann. So einen Ort wünsche ich mir für Wien.
Kurz, ein Kulturcampus wäre das, was Wien brauchen könnte.
Wir werden dazu jetzt keinen Antrag stellen. Wir sind aber zuversichtlich, dass die Stadträtin schon jetzt auf der Suche nach einem geeigneten Ort ist und werden das natürlich sehr unterstützen, wenn dieser Ort gefunden und auch ausgebaut wird. Herzlichen Dank.