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Erinnerungspolitik reloaded – Eine Diskussion zum Umgang mit der Geschichte im öffentlichen Raum

Erinnerungspolitik ist ein Machtdiskurs!

Was verändert sich in einer Stadt, wenn bisher vergessene Gruppen und ihr Beitrag zur Stadtgeschichte plötzlich sichtbar gemacht werden? Wie begegnen wir „blinden Flecken“ in der Stadt? Die öffentlichen Debatten um den Umgang mit der Lueger Statue, mit dem Mahnmal für verfolgte Homosexuelle oder auch mit dem „Russendenkmal“ am Schwarzenbergplatz zeigen immer wieder wie emotional das Thema Erinnerungs(politik) besetzt ist.

Wer wird erinnert, wer wird in den Fokus gerückt? Wer wird bewusst oder unbewusst „vergessen“ oder „vergessen gemacht“ …?

Erinnerungspolitik(en) prägen das Aussehen einer Stadt und damit auch ihre Identität. Ausgehend von den Ereignissen um Black Lives Matter in den USA begann auch in Europa eine neue Diskussion um den inkludierenden und gesellschaftsformenden Gehalt von symbolischen Erinnerungsobjekten im öffentlichen Raum.

Die Veranstaltung beleuchtet aktuelle Positionen und Einschätzungen zu Wiener Erinnerungspolitik(en). Zusätzlich eröffnen wir einen Raum, um über die Inputs gemeinsam zu diskutieren und die Ergebnisse zu sammeln.

Vorträge und Workshops mit Tim Cole (Bristol), Tanja Schult (Stockholm) und Elke Krasny (Wien); Moderation Ursula Berner.

Tim Cole
Tim Cole ist Historiker an der Universität Bristol und Vorsitzender der „We are Bristol History Commission“
Als im Zuge der Black Live Matter-Bewegung im Juni 2020 in Bristol die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston bei einem Protest gestürzt und ins Hafenbecken geworfen wurde, wurde vom dortigen Bürgermeister die „We are Bristol History Commission“ ins Leben gerufen um den weiteren Umgang einerseits mit der Statue selbst und andererseits auch um grundlegende Strategien mit dem britischen Kolonialerbe an öffentlichen Plätze und Institutionen zu entwickeln. Als Vorsitzender dieser Kommission hat Tim Bristol nach dem Sturz der Statue eine Umfrage unter den Bewohner:innen von Bristol gestartet, was mit der Statue weiter passieren soll. In einem partizipativen Prozess wurde 14 000 Menschen die Möglichkeit gegeben über die Zukunft der Statue und ihren Fall zu sprechen und Vorschläge für dem zukünftigen Umgang damit zu erarbeiten. Damit wurde der Grundstein einer Erinnerungskultur als generationsübergreifendes, partizipatives Communityprojekt gelegt.

Tanja Schult
Tanja Schult ist Kunsthistorikerin und Dozentin am Institut für Kultur und Ästhetik an der Stockholmer Universität Herausgeberin des Buches „Was denkt das Denkmal“ und forscht zu dem Thema „Demokratische Denkmäler“. Moderne Demokratische Denkmäler, mit denen sie sich auch hier in Wien beschäftigt hat, werden dazu benutzt, um Demokratiebewusstsein zu schaffen. „Man will (…) nicht mehr an Siege erinnern, sondern an Verluste und eigene Verbrechen“. Demokratische Denkmäler postulieren keine absolute Wahrheit, sondern laden zur kritischen Reflexion ein.

Carla Bobadilla
Carla Bobadilla ist eine forschende Künstlerin. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung von Kommunikations- und Vermittlungspraktiken, insbesondere in den Bereichen der postkolonialen Kritik und der Critical Race Theory. Als Senior Lecturer an der Akademie der bildenden Künste in Wien lehrt sie, wie Formate entwickelt werden können, die eine Verhandlung von Fragen zum kulturellen Erbe innerhalb eines postkolonialen Kontextes unter Verwendung dekolonisierender Methodologien ermöglichen. Sie ist Gründungsmitglied des Kollektivs Decolonizing in Vienna!

Elke Krasny (leider erkrankt)
Elke Krasny ist Professorin für Kunst und Bildung an der Akademie der bildenden Künste Wien. Als feministische Kulturtheoretikerin, Stadtforscherin und Kuratorin arbeitet sie zu emanzipatorischen und transformativen Praxen in Architektur, Urbanismus und zeitgenössischer Kunst mit Fokus auf sozialen und ökologischen Dimensionen von Care, Erinnerungspolitiken und transnationalen Feminismen. Gemeinsam mit Angelika Fitz hat sie Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet herausgegen Angelika Fitz (MIT Press, 2019) und mit Lara Perry Curating as Feminist Organizing (Routledge, 2022). Ihr nächstes Buch widmet sich Fragen von Care unter pandemischen Bedingungen: Living with an Infected Planet. Covid 19, Feminism and the Global Frontline of Care (transcript).

Hier gibts Videos zu den Vorträgen:

kulturauschuss.transparent – September 21

Der Kulturausschuss Anfang September 21 tagte zur Abwechslung nicht im Rathaus. Es gab einen vor Ort Besuch im Volkstheater: Theaterintentant Kay Voges zeigte sein neu- renoviertes  Haus und präsentierte überblicksmäßig das Programm.

Die Tagesordnung selbst bot nicht viel Diskussionsstoff – alle Ausschussmitglieder waren sich großteils einig, dass die Förderungen in der Tagesordnung wie  vorgeschlagen vergeben werden sollen.

Nur für eine Ehrenbürgerschaft für Elfriede Jelinek konnte sich die FPÖ nicht erwärmen.

Irritierend war nur die Frage wie ernst die Sozialdemokratie die Instrumente der Demokratie nimmt:
Eine Woche VOR dem Auschuss und damit VOR der Beschlussfassung – verkündeten Bürgermeister und Stadträtin, dass Elfriede Jelinek Ehrenbürgerin werden soll. Natürlich sind wir Grünen inhaltlich dafür.  Als Abgeordnete frage ich mich aber schon, wozu wir dann noch in den Auschuss gebeten werden, und der Tagesordnungspunkt als „vertraulich“ markiert ist, wenn die SPÖ selbst die Inhalte öffentlich macht, bevor sie  noch diskutiert worden sind. In der Gemeidneratssitzung am 22.9. 21 wurde dann der finanle Beschluss zur Ehrenbürgerschaft gefasst – natürlich mit einer Gegenrede der FPÖ – diese war aber auch vertraulich, daher kann dazu leider keine weiteren Details schreiben.(Artikel dazu)

Das scheint System zu haben: auch, dass es eine neue Ausschreibung für die Vienna Club Commission geben wird, erfährt die erstaunte und engagierte  Abgeordnete leider nur aus den Medien. Natürlich einen Tag VOR einer Diskussion  über eine Weiterförderung der VCC im Ausschuss und natürlich ohne ausführlichen Evaluationsbericht über deren Arbeit in den letzten Jahren.

Immerhin 2 Tage NACH dem Kultur-Ausschuss wird dann doch noch ein Kurzbericht über die Arbeit der VCC in der letzten Förderperiode nachgereicht – in den Medien…

Ja, ich habe dieses Demokratiedefizit angemerkt – ich hoffe beim nächsten Ausschuss gelingt es besser die demokratischen Instrumente und die Medienarbeit in geregelter Abfolge zu koordinieren.

 

Post Nr. 1
Die Förderung an die MuseumsQuartier Errichtungs- und BetriebsgesmbH im Jahr 2021 für das Center Management in der Höhe von EUR 20.720,51 wird gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt.

Einstimmig angenommen.

Post Nr. 2
Die Förderung an die MuseumsQuartier Errichtungs- und BetriebsgesmbH im Jahr 2021 für die Bewerbung des Museumsquartiers Wien in der Höhe von EUR 416.000 wird gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt.

Einstimmig angenommen.

Post Nr. 3
Die Förderung der drei Kinder- und Jugendbuchpreise sowie des Illustrationspreises der Stadt Wien einschließlich des Ankaufs der prämierten Werke und der Juryhonorare im Jahr 2021 in der Höhe von EUR 21.300 wird gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt.

Einstimmig angenommen.

Post Nr. 4
Der Magistrat, vertreten durch die Magistratsabteilung 7 wird ermächtigt, im Bereich Darstellende Kunst im Jahr 2022 Einzel- und Gesamtförderungen aus einem Rahmenbetrag von EUR 2.300.000 zu vergeben und zu diesem Zweck mit den in Betracht kommenden FörderwerberInnen Förderverträge über Förderungen in der Höhe von höchstens EUR 50.000 bei Institutionen und in der Höhe von höchstens EUR 30.000 bei natürlichen Personen abzuschließen. Für die Bedeckung des Rahmenbetrages in der Höhe von EUR 2.300.000 ist von der Magistratsabteilung 7 im Rahmen des Globalbudgets im Voranschlag 2022 Vorsorge zu treffen.

Einstimmig angenommen.

Post Nr. 5
Der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofs betreffend ausgewählte Aspekte der Kulturförderungen in den Ländern Burgenland und Niederösterreich sowie in der Stadt Wien wird zur Kenntnis genommen.

Einstimmig angenommen.

Post Nr. 6
Der Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft nimmt den zweiten periodischen Bericht der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft über im Zeitraum 01.04.2021 bis 30.06.2021 durchgeführten Umschichtungen von veranschlagten Mittelverwendungen im Rahmen zulässiger Deckungsfähigkeiten (§86 Abs. 5a WStV.) im Finanzjahr 2021 zur Kenntnis.

Einstimmig angenommen.


Post Nr. 7
Der Abschluss der Nutzungsvereinbarung zwischen der Magistratsabteilung 7 – Kultur und der Friedhöfe Wien GmbH zur Sicherstellung einer auch in Zukunft angemessenen baulichen und gärtnerischen Erhaltung der von der Stadt Wien besonderen Persönlichkeiten zur Verfügung gestellten Ehrengräbern, ehrenhalber gewidmeten und Historischen Gräbern auf Wiener Friedhöfen wird genehmigt.

Einstimmig angenommen.

Post Nr. 8

A) Für die Förderung an die Kunst im öffentlichen Raum GmbH für Kunst im öffentlichen Raum wird im Voranschlag 2021 eine erste Überschreitung in Höhe von EUR 800.000 genehmigt, die in Minderauszahlungen mit EUR 400.000 zu decken ist.

B) Die Förderung in Form einer zweiten Rate an die Kunst im öffentlichen Raum GmbH im Jahr 2021 für Kunst im öffentlichen Raum wird mit einer Erhöhung des bereits genehmigten Betrages von ursprünglich EUR 300.000 um EUR 800.000 auf sohin insgesamt EUR 1.100.000 gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes A im Voranschlag 2021 gegeben.

Mit Stimmen von SPÖ, NEOS und Grünen(gegen ÖVP und FPÖ) angenommen.

Post Nr. 9

A) Das Vorhaben “Vienna Club Commission“ wird gemäß der in der Begründung enthaltenen Kostenschätzung genehmigt. Für die Bedeckung der Erfordernisse ist von der Magistratsabteilung 7 im Rahmen des Globalbudgets in den Voranschlägen der kommenden Jahre Vorsorge zu treffen.

B) Der Magistrat wird zur Durchführung des damit verbundenen Vergabeverfahrens und zur Zuschlagserteilung ermächtigt.

Einstimmig angenommen.

Die Helden vom Sockel stoßen – ein Plädoyer für eine Neukonzeptionierung der Erinnerungspolitik in Wien

Der öffentliche Raum ist, wo wir als Gesellschaft zusammenkommen:

  • Wem wird hier Platz geboten?
  • Warum stellen wir (alte) weiße Männer in Stein oder Bronze im öffentlichen Raum auf?
  • Wer wird damit Teil der offiziellen Erinnerung, der offiziellen Geschichte der Stadt?

Antike Tradition

Nach den in Stein gehauen Göttern und Göttinnen der Antike begannen Feldherren und Imperatoren sich selbst gottähnlich und damit unhinterfragbar in den öffentlichen Raum zu platzieren. Hier sollte jedem Vorbeikommenden klar gemacht werden, wer hier was zu sagen hat. Diese Tradition der Heldenverehrung hat sich in der westlichen Welt zumindest bis in Mitte des letzten Jahrhunderts erhalten.

Statuen heute

Inzwischen hat sich der öffentliche Diskurs so weit verändert, dass es kaum mehr möglich ist, aktuelle Würdenträger*innen, Politiker*innen (in westlichen demokratischen Gesellschaften) oder König*innen als Statuen im öffentlichen Raum zu platzieren – und damit den sie umgebenden Raum als den ihren zu definieren. Ganz im Gegenteil, Heldenstatuten werden gekippt, wie im Zuge der „Black Lives-Matter Demonstrationen“ in den USA oder ironisiert wie die Trumpstatuen in New York und London.

Verehrung statt Kontext?

Eine demokratische Stadt im 21. Jahrhundert, als welche sich Wien versteht, muss sich deshalb die Frage stellen – wie sie die Geschichte der Stadt und der hier Lebenden erinnern will.

Ist die patriarchale Heldenverehrung vergangener Jahrhunderte noch das Mittel der Wahl?

Ist das Präsentieren mehr oder weniger umstrittener Persönlichkeiten, mittels bombastischer Sockel auf Überlebensgröße erhöht, in Heldenpose, die Form der Geschichtsbetrachtung, die wir aufrechterhalten und künftigen Generationen vermitteln wollen? Kann so eine Pose die Komplexität einer Person und ihrer Taten bzw. ihre Zeit tatsächlich darstellen?

Ich sage nein!

Spätesten seit den 1980er Jahren hat sich in der Geschichtswissenschaft in Österreich eine Abkehr von Majestätsgeschichte durchgesetzt: Geschichte wird von vielen gemacht! So muss sie auch erzählt werden. Um ein umfassendes Bild einer Epoche zu erreichen, müssen wir verschiedene Blickwinkel, verschiedene Erfahrungshorizonte zulassen und herausstreichen. Wenn Geschichte nicht verstaubt und entfernt wirken soll, braucht sie ständigen Diskurs und Interdisziplinarität.

Erinnerungspolitik muss  Auseinandersetzung motivieren.

Eine moderne, demokratische Erinnerungspolitik muss sich trauen, die Denkmäler des 19. Jahrhunderts in Frage zu stellen. Noch besser, sie aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, um wieder Platz für Neudefinitionen frei zu machen.

Statt Statuten zur Repräsentation von Macht, Führung und Erhabenheit einzelner über viele, braucht es öffentliche Diskursräume. Es braucht immer wieder neue Interventionen an historisch relevanten Orten.

Lueger in den Skulpturengarten

Deshalb plädiere ich dafür, Statuten von konkreten Persönlichkeiten in Wien aus dem öffentlichen Raum zu verbannen – an einen gemeinsamen Erinnerungsort. Ein Skulpturengarten der Geschichte der alten weißer Männer (und der ganz wenigen Frauen). Dort können die Statuten kontextualisiert und in Verbindung zueinander gebracht werden, das Machtgeflecht kann erläutert werden. Die vergangenen Heldenposen können dort als das decouvriert werden, was sie sind: Konstrukte, die es zu überwinden gilt. Selbst, wenn es wohl schwer gelingen kann, die gesamte Komplexität einer politischen Figur zu erfassen – schafft die Form der Darstellung in einem Skulpturengarten auch symbolisch einen klaren Rahmen für die Rezeption: Was hier gezeigt wird, ist konstruiert. Es ist ein zusammengesetztes Stückwerk aus Schlaglichtern auf Einzelpositionen.

Vor Ort könnten dann – wie im Fall Lueger – die Sockel der einstmaligen Verehrung stehenbleiben.

Ein Sockel ohne Helden.

Diese Leerstellen laden jetzige Betrachter*innen ein, sich in Beziehung zu setzen und Fragen zu stellen. Diese Leerstellen laden ein, unterschiedliche Perspektiven zu wagen und Kontexte zu verhandeln: zur Geschichte der Stadt im Allgemeinen, zur konkreten Person und zu spezifischen Erinnerungsorten im Speziellen.

Leerstellen sind ein Kommunikationsangebot.

Sie geben Raum, um beispielsweise den Antisemitismus und seine Verankerung in der Stadtgeschichte zu reflektieren.

Leerstellen erzeugen Spannung und machen neugierig.

Ohne Neugier kann kein Geschichtsbewusstsein entstehen.
Ohne Möglichkeit für heutige Bewohner*innen die kollektive Erinnerungserzählung mitzuschreiben, werden Denkmäler vergangener Generationen zu gesichtslosen Steinhaufen.

Lebendige Erinnerungskultur braucht ständige Auseinandersetzung.

Lebendige Erinnerungskultur braucht den öffentlichen Diskurs.

 

Der Text ist im Rahmen der regelmäßigen Aktion der Grünen Innere Stadt „Das Mädchen mit dem roten Mantel“ zur Kontextualisierung des Luegerdenkmals entstanden.  Die Grünen Innere Stadt öffenen auch ihre Website als Diskursplattform zur Erinnerungskultur.

 

Wie viel Erinnerung braucht Karl Lueger in Wien?

Tja, Versehen zeigen ja manchmal unbewusste Wünsche heißts … jedenfalls ein guter Anlass die Erinnerungstafel in einen Kontext zu stellen und sich zu fragen wie viel und welche Lueger remembrance man wirklich braucht in dieser Stadt?

 

Online Artikel auf ORF Wien

Hier der Artikel von Roland Schlager

Lueger-Tafel versehentlich übermalt

An der Technischen Universität (TU) ist im Zuge der Fassadensanierung eine Gedenktafel für den umstrittenen ehemaligen Wiener Bürgermeister Karl Lueger übermalt worden. Die Tafel soll nun eine Zusatztafel bekommen.

Für das 200-Jahr-Jubiläum der TU wurde die Fassade im Oktober „unter Hochdruck fertiggestellt“. Dabei habe die Fassadenfirma die Lueger-Gedenktafel versehentlich übermalt, bestätigte TU-Sprecherin Bettina Neunteufl gegenüber wien.ORF.at. Sie werde nun in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt (BDA) wiederhergestellt.

Lueger-Gedenktafel an TU versehentlich übermalt

ORF/Hubert Kickinger

Die übermalte Tafel soll wiederhergestellt werden

Zusatztafel über Gedenktafel

Zusätzlich soll darüber eine Acrylglastafel angebracht werden, die auch auf „Lueger als Antisemit“ eingeht, sagte Neunteufel. Die ursprüngliche Gedenktafel war im Oktober 1944 an der Ecke des Universitätsgebäudes angebracht worden, um auf den Geburtsort Luegers aufmerksam zu machen. Luegers Vater war an der TU „eine Art Hausmeister und hatte dort eine Dienstwohnung“, so Neunteufl.

Visualisierung Zusatztafel Karl Lueger

TU Wien

So soll die Zusatztafel aussehen

Derzeit gibt es in Absprache mit der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) an der TU einen ersten Rohentwurf für den Text der Tafel. Darin heißt es: „… Dabei hat er während seiner Amtszeit, wie schon während seines politischen Aufstiegs ab 1882, den Antisemitismus virtuos als Instrument eingesetzt und damit zur Entwicklung eines aggressiven, durch Hetze und Diskriminierung gegenüber Juden, aber auch Vertretern anderer Nationalitäten geprägten gesellschaftlichen Klimas und zur Verrohung der politischen Sprache beigetragen …“

Der Text auf der Zusatztafel soll auf Deutsch und Englisch abgedruckt sein, nicht zuletzt, weil auch „viele Touristen“ vorbeikämen, sagte Neunteufel. Die TU will die Acrylglastafel noch im kommenden halben Jahr umsetzen. „Wir brauchen aber noch die Genehmigung des Bundesdenkmalamtes.“

Noch keine Zusatztafel für Denkmal am Stubenring

Lueger (1844-1910) gilt einerseits als wichtiger Kommunalpolitiker, andererseits als Mitbegründer des populistischen Antisemitismus. Der frühere Bürgermeister Wiens ist in Form von Denkmälern und Platzbenennungen noch einigermaßen präsent in der Stadt.

Lueger-Denkmal

APA/ Roland Schlager

 

aus der Serie #kulturspots: im Philogreissler gibt’s Ideen für den täglichen Gebrauch

„Ein Lokal, in dem man sich abseits vom Akademischen mit Philosophie befasst, hat in Wien gefehlt“, meinte Gerd Fraunschiel, und da begann er vor zwei Jahren, nach dem Vorbild der Londoner School of Life, erste Gedanken zu einem philosophischen Concept Store zu spinnen. „Wichtig in der heutigen Zeit ist, seiner Idee treu zu bleiben und Geduld haben. Man hat eine Vision und eine Vorstellung von etwas und da will man schnell hin. Hier hilft ein Plan, an den man sich halten kann.“

Inzwischen ist der Plan Realität geworden: man sitzt beim „Philogreissler“  bei Kaffee und Kuchen mit den großen Denkern auf Augenhöhe – beinahe lebensgroße Poster von Nietzsche oder Schopenhauer kleben neben den Stühlen und Sofas an der Wand und geben Inspiration, um über die Welt zu sinnieren.

Und außerdem gibt’s Bücher. Auf den Wänden. in großen Regalen und auf breiten Tischen liegen sie zum Verkauf. Thematisch geordnet für Philosophie-Einsteiger bis Fortgeschrittene. Dazu gibt es Bleistifte, Magazine und schöne Hefte. An einem Ende des 70 Quadratmeter großen Raumes steht eine Kaffee-Bar mit einer alten Registrierkassa, einer edlen Kaffeemaschine und selbst gebackenen Torten.

Natürlich wird auch öffentlich geredet und gedacht im Philogreissler: alle Hinweise auf Veranstaltungen finden sich nicht nur auf deren Website sondern auch im Facebook. Man kann sich aber auch einfach nur so hinsetzen und Kaffeetrinken und sich inspirieren lassen ….

Philogreissler 2

 

 

tür auf tür zu – und schon wieder unterwegs ein mensch und wiedermensch…

Insayf Folder vorderseite

Semir insayifanlässlich des Tages der Menschenrechte liest Semier Insayif am 9.12.2014  aus seinem Roman Faruq in der Grünen Galerie 7

Eckdaten zu: semier insayif, geb.1965, lebt in wien als freier schriftsteller, kunst- und kulturmanager, kommunikations- und verhaltenstrainer
seit 1993 freier schriftsteller, lesungen und sprechperformances im in- und ausland, zahlreichen veröffentlichungen in literaturzeitschriften, kunstkatalogen, anthologien, im rundfunk, publikationen
mehr zu ihm hier

Löhr – Gedenktafel muss aus der Stiftskirche entfernt werden

Die Debatte um die „Kellernazis“ in den letzten Tagen hat uns wieder einmal vor Augen geführt, dass das Bewusstsein um die Vergehen der Vergangenheit nicht ausreichend verankert ist in Österreich.

Gedenktafel an Alexander Löhr in der Stiftskirche, Stand 25.9.2014

Gedenktafel an Alexander Löhr in der Stiftskirche, Stand 25.9.2014

Orte wie die Gedenktafel an Alexander Löhr direkt unter einem Gekreuzigten mit der Bildunterschrift „sie werden auferstehen“ zeigen den unsensiblen Umgang mit dem Thema und tragen nichts zur Aufklärung für folgende Generationen bei.

Sie unterstützen ein vertuschen der Rolle Österreichs und der deutschen Wehrmacht und ihrer österreichischen Generäle als Täter in diesem Krieg, dessen Verletzungen bis heute nachwirken.

Wir Grüne wollen hier in Neubau keinen öffentlichen Ort, der rechtsextrem Gesinnte anziehtund fordern stattdessen die Umgestaltung der Kirchennische und ein würdiges Gedenken der Opfer des Kriegsverbrecher Alexander Löhr

Als Historikerin und als Neubauer Grüne erwarte ich von der Stiftskaserne – die mit der Stiftskirche in Zusammenhang steht – einen sensiblen Umgang mit dem Thema. Die Nische in der Kirche muss umgestaltet werden, damit der historische Kontext klar wird und auch klar ersichtlich ist auf welcher Seite die Verantwortlichen heute stehen.

Die Stiftskaserne hat in den letzen Jahren bei anderen Projekten zu historischen Themen im Bezirk Offenheit bewiesen und wir sind überzeugt dass sie auch in diesem Fall einen angemessenen Umgang finden wird.

Alexander Löhr war Militarist. Schon im ersten Weltkrieg wurde er mit dem Aufbau einer Luftwaffe beauftragt. Er entwickelte diese in den 20er Jahren weiter, obwohl das Österreich nach dem Versailles Verträgen verboten war. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an die Wehrmacht wurde Löhr übernommen und stieg zum General auf. Als Kommandant der Luftflotte 4 war er für die Bombardierung Warschaus 1939 verantwortlich. Durch seine gezielte Zerstörung der Wasserversorgungseinrichtungen verursachte er bei diesem Angriff eine unverhältnismäßig große Menge an zivilen Opfern. 1941 ließ er Belgrad – ohne Vorwarnung und daher völkerrechtswidrig – bombardieren und wurde. Ab 1943 war er für Verfolgung und Belagerung in Griechenland, Serbien und Kroatien verantwortlich und damit auch für die Deportation von mehr als 48.000 Jüdinnen und Juden nach Treblinka und Auschwitz, ebenso wie für die Hinrichtung von 5000 Kriegsgefangene in Kefallonia.

löhr alleNach einem Prozess in Jugoslawien wurde Alexander Löhr 1947 in Belgrad hingerichtet.

Noch mehr zur Aktion auf Harald Walsers Blog

Ceija Stojka – Platz – zum ersten Mal in ganz Europa wird ein Platz nach einer Romni benannt

Ceija Stojka lebte nach dem Krieg in Neubau. Als tiefgläubige Katholikin besuchte sie  regelmäßig die Altlerchenfelder Kirche. Der Platz vor der Kirche trägt seit September 2014 ihren Namen.

juni2010 175 - KopieDie autodidakte Sängerin, Autorin und Malerin hat jahrzehntelang dafür gearbeitet, die Verfolgungsgeschichte der Roma und Sinti im Nationalsozialismus zu thematisieren und das Unrecht sichtbar zu machen. In regelmäßigen Workshops – viele davon in Neubau, insbesondere im Amerlinghaus – hat sie als eine der ersten alte und junge Menschen für die Verfolgung und die Geschichte der Roma und Sinti in Österreich sensibilisiert.  Ihr Werk ist voller Hoffnung auf eine gemeinsame, friedliche Zukunft – ungeachtet der Herkunft und frei von gesellschaftlichen Zuschreibungen.

Karteikarte der GESTAPO zur Erfassung der Daten von Ceija Stojka nach ihrer Verhaftung

Karteikarte der GESTAPO zur Erfassung der Daten von Ceija Stojka nach ihrer Verhaftung

Ceija Stojka kam 1933 als Kind von fahrenden Lowara aus dem Burgenland ind er Steiermark zur Welt. 1939 wurde ihre Familie zunächst zur Sesshaftigkeit gezwungen. Sie lebten in Wien, auf der Wiese neben dem heutigen Kongressbad in einer Baracke. 1943 wurde Ceija Stojka noch als 10-jähriges Kind mit Ihrer Mutter und ihren Schwestern ins KZ Auschwitz verschleppt. Später kam sie nach Ravensbrück und schließlich nach Bergen-Belsen, wo sie das Kriegsende erlebte. Von ihrer beinahe unüberschaubar großen Familie (zumindest 250 Mitglieder) überlebten nur sie, ihre Mutter, 2 Schwestern und 2 Brüder. Nach dem Krieg kam sie nach Wien zurück.  Ceija Stojka lebte bis zu ihrem Tod in Wien Neubau.

Aus dem Zyklus ...selbst der Tod hat Angst vor Auschwitz. Tuschezeichnungen.

Aus dem Zyklus …selbst der Tod hat Angst vor Auschwitz. Tuschezeichnungen.

1988 schrieb Ceja Stojka ihr erstes Buch „Wir leben im Verborgenen“. 2001 und 2005 entstanden in Zusammenarbeit mit der Regisseuse Karin Berger einfühlsame Porträts über Ceija Stoika. Sie wurde mehrmals ausgezeichnet – neben dem Bruno Kreisky Preis für das politische Buch 1993 , erhielt sie 2001 das Verdienstkreuz des Landes Wien.

 

 

Als Vorsitzende der Kulturkommission freut es mich besonders, dass wir es geschafft haben vor der Lerchenfelder Kirche nicht nur einen Platz partizipartiv zu planen, sondern darüber hinaus mit der Platzbenennung ein wenig bekanntes Kapitel der Neubauer Geschichte ins Licht zu rücken.

ceija stojka platz ceija stojka platz-nuna

 

 

Iris Andraschek tattooiert Frauenbiographien in den öffentlichen Raum

„Tell these people who I am“  Drei Interventionen im öffentlichen Raum in Wien Neubau

(meine Rede zur Eröffnung der ersten Intervention von Iris Andraschek )

Einladung AndraschekZwar konnten wir in den letzten Jahren 3 neugestaltete Parks bzw Plätze nach Frauen benennen und ihnen damit einen Erinnerungsraum schaffen. Aber in Neubau gab es bisher kein von einer Künstlerin gestaltetes Denkmal im öffentlichen Raum. Das soll sich mit den 3 Interventionen im öffentlichen Raum von Iris Andraschek nun ändern.

Am Anfang waren es die Frauenspaziergängen, die die Grünen und Madeleine Reiser als Vorsitzende der Kulturkommission für Neubau schon 2003 beauftragten, und gemeinsam mit Petra Unger umgesetzt haben. Im Zuge Petra Ungers Recherchen dafür, sind wir auf viele historisch interessante Frauen gestoßen, die hier im Bezirk gelebt oder gearbeitet haben. In der weiteren Entwicklung dieses ersten Projekts ist nun das heute zu eröffnende gestanden:

lerchenfelderstrWir wollen und wollten einigen dieser vielen in Neubau tätigen Frauen Erinnerungsplätze zu schaffen.

Also Plätze, die einerseits sie und ihre Werke vorstellen. Und damit auch ein schwarzes Loch erhellen, in das fast alle aktiven Frauen der Geschichte verschwinden. Gleichzeitig war es auch intendierter Wunsch, aktuellen Bildhauerinnen, die Möglichkeit zu geben hier ein Zeichen zu setzen. Statt nur zu erinnern, setzt sich diese Projekt auch zum Ziel einen Konnex in die Gegenwart zu schaffen. Frauen-Geschichte von aktuell aktiven Künstlerinnen interpretiert ist das Ziel.

anraschek füsseIm Kulturbereich werden in Neubau ca. 70% der Förderungen an Vereine von Frauen oder die mehrheitlich von Frauen besetzt sind vergeben. Allerdings die Künstlerinnen, die bei uns um Unterstützung einreichen, kommen zumeist aus dem Darstellenden Bereich – also Performances, Theater, Musik – Bildende Kunst ist sehr wenig vertreten. Gerade in der bildenden Kunst gibt zwar viele Studierende aber nur ganz wenige Künstlerinnen, die wirklich den Durchbruch in die öffentliche Wahrnehmung schaffen.

stiftkaserneWir waren also interessiert an Interventionen im öffentlichen Raum, die von den vorbeischlendernden PassantInnen nicht unbedingt als „Denkmal“ im klassischen Sinn wahrgenommen werden. Es geht auch darum die ständige Interaktion, das ständige Hineinwirken des Vergangen ins heute zu thematisieren. Es sollen Orte sein, an denen ein Mädchen heute steht und gestärkt wird in seinem Selbstbewusstsein, eigene Ideen zu verwirklichen. Ein Ort, an dem eine Frau sieht, dass sie eine Geschichte hat: denn

Jede Frau ändert sich, wenn sie erkennt, dass sie eine Geschichte hat!,

wie die Grand Dame der Frauengeschichte Gerda Lerner immer wieder feststellt.

Tell this people who I am-b7bea369Ein Teil der Geschichte von Frauen und ihrem Leben und Arbeiten in Neubau können wir mit diesen Kunstwerken von Iris Andraschek ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Es ist absolut wichtig, dass Frauen nicht nur im Museum sichtbar werden als Künstlerinnen, wie es die guerilla girls schon seit 20 Jahren in den USA propagieren, sondern auch und gerade im öffentlichen Raum, an den Orten, wo sie gelebt, gearbeitet haben und es noch heute tun.

Öffentlicher Raum klingt immer so, als wäre er riesig, als gehörte er wirklich allen und hätte keine Grenzen. Die Realität sieht anders aus:

Im  öffentlichen Raum, in Wien, ist das Geschlechterverhältnis, bzw. die Repräsentation von Frauen gemessen an ihrem tatsächlichen Anteil an der Gesellschaft, ähnlich wie in der Kunst. Alleine im 7. Bezirk tragen von etwa 70 Straßen- und Ortsbezeichnungen 28 Flurnamen bzw. Geographische Bezeichnungen, 26 Männernamen, 5 Berufsbezeichnungen und nur 2 die Namen von Frauen. Von den 7 Denkmälern im öffentlichen Raum, die im Denkmalamt aufscheinen, erinnert nur eines an eine Frau, an die Schauspielerin Hansi Niese. Das Denkmal steht vor dem Volkstheater.

fraueneinladungDie Gesellschaft hingegen setzt sich aus ca. 51,8 % Frauen und 49,2 % Männern zusammen. Diese knapp 52% haben von der Vergangenheit bis in die Gegenwart die Gesellschaft gestaltet und geprägt. Sie haben als Künstlerinnen, Lehrerinnen, Geschäftsfrauen, Wissenschaftlerinnen Forscherinnen, Politikerinnen Unternehmerinnen und und und…. das Leben im Bezirk mitbestimmt. Es scheint aber eine kollektive, nicht ausgesprochene Übereinkunft zu geben, sei zu vergessen. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass von all diesen Frauen keine oder nur wenige Spuren zu finden sind. Wir erinnern uns an sie. Ja. Ihre Familien, die Freunde, die Menschen aus ihrem Umkreis. Aber für alle sichtbare öffentliche, die Zeiten überdauernde Erinnerungen werden nicht geschaffen. Und wenn man dann erinnern möchte, ist das wiederum gar nicht so leicht. Ich denke hier an den Jenny Steiner Weg, der 350 Meter Luftlinie entfernt ist. Bis wir den Weg nach Jenny Steiner nennen durften und dann auch noch eine Zusatztafel anbringen konnten, die versucht ein ganzes Leben in 3 Sätze zu packen, was natürlich nicht möglich ist – bis das so weit war, da haben die Mühlen der Stadt sehr langsam und sehr knirschend gemahlen. Aber: Jetzt haben wir einen öffentlichen Weg mehr, der nach einer Frau benannt ist und wir wollen natürlich noch mehr. Bis es soweit ist, werden wir Frauen im Bezirk einen Teppich ausbreiten, der dauerhaft an sie erinnern wird. andraschek_tatooiertAllein aufgrund der Tatsachen, dass die Teppiche der Künstlerin Iris Andraschek in den Boden tätowiert, gefräst werden. Ein Tattoo, ist eine Entscheidung für ein ganzes Leben. Die Teppiche, Bodentattoos, sind zumindest eine Erinnerung auf die Dauer des Lebens einer Straße in Wien Neubau. Das wird einer unserer Beiträge sein, für die Sichtbarmachung und die Erinnerung an Frauen im öffentlichen Raum in Wien. Im 7. Bezirk.

„Tell these people who I am“ 3 Interventionen von Iris Andraschek wird am 13.10. 2011 um 16.00 Uhr vor der Stiftskaserne feierlich eröffnet.

Ab Herbst 2011 wird es in die Rundgänge der KÖR aufgenommen und so auch regelmäßig mit mehr Hintergrund vorgestellt.

Details zu Iris Andraschek (sie wurde in einer eigenen Rede von Elke Krasny gewürdigt):

olly schwarzIris Andraschek 1963 in Horn geboren, lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Wien. Sie ist Mitglied der Wiener Secession und Foto Fluss. Neben zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen hat sie auch eine Vielzahl an Projekten im öffentlichen Raum umgesetzt: u. a. DER MUSE REICHT’S, Arkadenhof der Universität Wien,  ALS DAS WÜNSCHEN NOCH GEHOLFEN HAT, Platzgestaltung, Taufkirchen an der Pram.

 

 

Die Orte und zu erinnernden Frauen

  1. Stiftgasse 2, 1070 Wien Olly Schwarz (1877 – 1960), Frauenrechtlerin, Gründerin der Wiener Handelsschule für Mädchen und des Athenaeums, Hochschule für Frauen. Sie gründete 1916 die Zentralstelle für weibliche Berufsberatung. Im Austrofaschismus wird sie „in Pension“ geschickt. Sie engagiert sich ab 1933 in der „Liga für Menschenrechte“.
  2. Augustinplatz, 1070 Wien Vally Wieselthier (1895 – 1945), Keramikerin, Bildhauerin, Designerin, Mitarbeiterin der Wiener Werkstätte, ab 1927 künstlerische Leiterin der Keramikabteilung. Sie geht 1932 nach New York und beeinflusst weiterhin die Keramikproduktion der Wiener Werkstätte.
  3. Lerchenfelderstraße 131, 1070 Wien Gisela von Camesina de San Vittore (1865 – ?) in Triest als Tochter eines österreichischen Beamten geboren und zur Lehrerin ausgebildet. Nachdem sie als Fachlehrerin die Unterrichtsanstalten in Dresden, Stuttgart und Berlin besucht hatte, rief sie 1884 ein ganz neues Unterrichtssystem zur gewerblichen Ausbildung erwachsener Mädchen in Wien ins Leben. Zudem richtete sie im Jahre 1886 als erste Lehrerin in Europa die Unterrichtsabteilungen Technologie, Hygiene und Krankenpflege ein und legte denselben ihre selbst verfassten Lehrbücher zu Grunde.

 

 

Jenny Steiner – Kunstmäzenin und Fabriksbesitzerin

Der Name tauchte in den letzten Jahren vor allem in Zusammenhang mit Kunstrestitutionen aus dem Museum Leopold auf. Bis heute befindet sich hier das Gemälde „Häuser am Meer“ von Egon Schiele, das ursprünglich aus dem Besitz Jenny Steiners stammt. Bis heute warten ihre Nachkommen auf eine Rückgabe. Bis heute konnte man sich in Österreich auf keine angemessene Vorgangsweise zur Rückgabe der 1938 und später geraubten Kunstwerke jüdischer BürgerInnen einigen.

Wir können geschehenes Unrecht nicht wieder gut machen, aber wir können durch die Benennung im öffentlichen Raum ein kleines Zeichen setzen und unsere Wertschätzung für eine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, die eine wichtige Stütze der Wirtschaft und des Kulturlebens in Neubau und der Stadt Wien war.

Die Vorgeschichte: Die Seidenfabrikantin Jenny Steiner war Mitinhaberin einer der größten Seiden- und Stoffmanufakturen von Wien in den 20er und 30er Jahren mitten im 7. Bezirk. Ihre Fabrik befand sich in der Westbahnstraße 21. Nach dem frühen Tod ihres Mannes führte sie gemeinsam mit ihrem Neffen Albert Steiner das Familienunternehmen weiter. Die Qualität ihrer Stoffe war berühmt. Als moderne Unternehmerin war sie auch um das Wohl ihrer MitarbeiterInnen bemüht, so finanzierte sie zum Beispiel Werks-Wohnungen.

Privat war Jenny Steiner – wie ihre ganze Familie – sehr an Kunst interessiert. Sie sammelte alte Meister und beauftragte viele Arbeiten von Gustav Klimt und auch einige von Egon Schiele. Das Gemälde „Häuser am Meer“, das sich bis heute in der Stiftung Leopold befindet, ist eines von ihnen.

1938, nach dem „Anschluss“, wurde das gesamte Vermögen Jenny Steiners und ihre Kunstsammlung vom nationalsozialistischen Staat eingezogen. Jenny Steiner selbst konnte über Frankreich, Portugal und Brasilien in die USA fliehen.

Die als Eugenie Pulitzer am 11. Juli 1863 in Budapest geborene, verstirbt 95-jährig am 2. März 1958 in New York.

 

 

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