reden, ideen, transparenz

Schlagwort: Bezirksgeschichte

Kulturausschuss.transparent April 2023 – Bezirksmuseen und rassistische Straßennamen

Diesmal auf der Tagesordnung: Wie geht’s weiter mit den Wiener Bezirksmuseen? Und was plant die Stadt eigentlich gegen rassistische Straßennamen zu tun?
Kurz zusammen gefasst: In beiden Fällen bleiben viele Fragen offen:

Ad 1, Bezirksmuseen:

Mit 2020 wurde ein neuer Relaunch der Wiener Bezirksmuseen gestartet. Ursprünglich auf 3 Jahre beschränkt wurden die Mittel für die Wiener Bezirksmuseen unter dem Label „Bezirksmuseen Reloaded“ beinahe verdoppelt. Dafür wurde im Wien Museum eine Stabstelle eingerichtet, und drei Curatorial Fellows eingestellt. Im Frühjahr 2023 sollte entschieden werden ob und in welcher Weise  „Bezirksmuseum Reloaded“ weiter geht.

Ohne öffentliche Evaluierung war nun der Akt am Tisch, der die Mittel für die Bezirksmuseen insgesamt dem WIEN MUSEUM zuweist. Von dort sollen sie dann weiter verteilt werden.

Schon im Vorfeld zum dies-monatigen Ausschuss wurde die Debatte um die Strukturänderung in den Wiener Bezirksmuseen öffentlich

Der Hintergrund: Ursprünglich entstanden sind die Wiener Bezirksmuseen als Sammlungen von Lehrern zur Unterstützung ihres Unterrichts am Beginn des letzten Jahrhunderts. Die erste Strukturerneuerung gab es 1936. Da wurden die Museen in „Heimatmuseen“ umbenannt und teilweise zusammengelegt. Ab jetzt galt nur mehr als Museum, was durch einen Verein betreut wurde. Um die vielen unterschiedlichen Vereine zusammenzuführen gründete sich 1964 die „Arbeitsgemeinschaft der Wiener Bezirksmuseen“. Diese koordiniert die Förderungen und unterstützt die größtenteils ehrenamtlich arbeitenden 29 Bezirks- und Sondermuseen in Wien für spezifische Projekte.

Nachdem die „zentralen Fördermittel“ (von der MA7) aufgeteilt auf 23 Museen recht gering sind – ca 5000€ – 8000€ je nach Größe des jeweiligen Museums -haben die einzelnen Vereine zusätzlich Museums-Unterstützungsvereine, die mit Spenden aushelfen. Diese „Freunde des Bezirksmuseums“ sind meist in der Organisation sehr nahe an die Bezirksvorstehung angelehnt, und sammeln zusätzlich Spenden, um Veranstaltungen oder Infrastruktur im Bezirksmuseum zu unterstützen.
Einzelne Spezialprojekte werden auch aus Mitteln der ARGE finanziert.

„Bezirksmuseum reloaded“ hat an dieser Struktur wenig geändert.

 „Ziel ist es, die Bezirks- und Sondermuseen in ihrer zivilgeschaftlichen Funktion zu belassen, aber durch unterschiedliche Formen der Professionalisierung zu gesellschaftlich relevanten Bildungs- und Kultureinrichtungen in den Bezirken weiterentwickeln. Durch die Einrichtung der Stabstelle Bezirksmuseen kann das Wien Museum nun seiner Aufgabe als Fachanstalt für die Bezirksmuseen gerecht werden.“ (Zitat aus dem Antrag des Wien Museeums)

Die Curatorial Fellows sollen die ehrenamtlichen Museen bei der Sammlungspflege, Ausstellungs- und Veranstaltungsprojekten unterstützten. Darüber hinaus organisiert die Stabstelle praxisbezogene Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter:innen und soll dazu beitragen, die öffentliche Sichtbarkeit zu erhöhen. Außerdem wurden Administrative Aufgaben in der ARGE Bezirksmusen neu strukturiert.

„Bezirksmuseen Reloaded schafft den Beginn einer Professionalisierung der Institutionen ohne ihre voluntaristischen, zivilgesellschaftlichen Prinzipien einzuschränken. Dies geschieht durch die Einrichtung einer Stabstelle Bezirksmuseen im Wien Museum/Museen der Stadt Wien.“ (Zitat aus dem Antrag des Wien Museeums)

Im Frühjahr 2023 sollte die Arbeit der letzten 3 Jahre „Bezirksmuseum Reloaded“ evaluiert werden.

Daher gab es Anfang des Jahres 2023 bei den Museumsleiter: innen Verunsicherung. Nicht zuletzt weil die Fördermittel – die Basisförderung – verspätet ausgezahlt wurde. Es war nicht klar wie und ob das Projekt „Bezirksmuseen Reloaded“ weitergeführt werden wird und vor allem unter wessen Führung die Bezirksmuseen in Zukunft stehen werden.

Klar ist: es gibt tatsächlich Bedarf an Unterstützung! Die ehrenamtliche Mitarbeit hat kaum zusätzliche Kapazitäten für Inventarisierungen oder Digitalisierung des Bestands, häufig ist die Lagerung der Artefakte nicht sachgemäß möglich – dh. sie werden in Kellern gelagert. Es gibt (noch) keine gemeinsame Plattform, die auflistet, was wo zu finden ist. Außerdem sind in der aktuellen Struktur die Öffnungszeiten sehr beschränkt durchführbar – großteils weil ehrenamtliches Personal fehlt, das während der Öffnungszeiten vor Ort Aufsicht machen kann.

Tatsächlich stellt sich die Frage wie man die Bezirksmuseen fürs Publikum zugänglicher und attraktiver machen kann, ohne noch viel mehr Förderungen hineinzupumpen. Die Stadt besteht weiter auf das System der grundsätzlich ehrenamtlichen Arbeit, hat aber ein paar Posten geschaffen, die den ehrenamtlichen unter die Arme greifen sollen.

Das geht einher mit einer Strukturerneuerung: die Gelder werden fortan nur noch an das Wien Museum ausgezahlt, und von dort weiter verteilt. Die Rolle der ARGE Wiener Bezirksmuseen ist in diesem neuen System ungeklärt, ebenso wie und ob der wissenschaftliche Anspruch des historischen Museums der Stadt Wien mit den Kapazitäten der ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen umgesetzt werden kann.

Was aus unserer Sicht vor allem fehlt, ist eine großes Bild: Welche Rolle sollen die Bezirksmuseen in Zukunft in Wien spielen? Welche Vermittlungsaufgaben können sie übernehmen? Sind diese mit der Programmierung des Wien Museums koordiniert? Werden die Bezirksmuseen dezentrale Ausstellungsräume des Wien Museums? Was passiert mit den lokalen Sammlungen? Das Projekt „Bezirksmuseen Reloaded“ konnte in der vorliegenden Form noch keine Antwort auf diese Fragen geben.

Weil wir das Engagement der Bezirksmuseen sehr schätzen und hoffen, dass noch eine befriedigendere Lösung als derzeit gefunden werden kann, haben wir als Grüne der Finanzierung zugestimmt.

Ad 2, ein anderes trauriges Thema: rassistische und kolonialistische Straßennamen in Wien.

Als Grüne gehen wir davon aus, dass ein multikulturelle demokratische Gesellschaft gegenüber allen Bevölkerungsgruppen Respekt bewiesen sollte. Daher haben wir den dringenden Wunsch des Black Voices Volksbegehren unterstützt und einen Antrag gestellt, endlich diffamierende Straßennamen in Wien abzuändern oder zumindest nachvollziehbar zu kontextualisieren. Unser Argument:

Rassistische und kolonialistische Straßennamen normalisieren und verfestigen die rassistische Sprache im Alltag. Derartige Straßennamen sind aus dem öffentlichen Raum zu entfernen bzw. zu kontextualisieren. Eine solche Aufarbeitung hat bei mit dem NS-Regime in Verbindung stehenden Straßennamen stattgefunden. Nun ist es an der Zeit, auch auf andere Formen der Diskriminierung im öffentlichen Raum zu achten und entsprechend zu reagieren. Nord-Süd-Beziehungen und globale Ungleichheiten haben ihre Wurzeln im europäischen Kolonialismus. Auch rassistische Narrative wie etwa jenes vom „unfähigen Entwicklungsland“ sind einer mangelnden Auseinandersetzung mit der Verantwortung Europas an der Versklavung und Ermordung von Millionen von Menschen sowie deren gesellschaftlichen Auswirkungen, bis in die Gegenwart reichend, geschuldet.

Ein Antrag muss innerhalb von 2 Monaten bearbeitet werden. Daher stand auf dieser Tagesordung  der grüne Antrag und der Antwortbrief der Stadträtin. Man könnte ihn als Affront werten! Der Text lautet

Dieser Antrag wurde hiermit fristgerecht in Behandlung genommen. Sobald mir die diesbezüglichen Informationen der damit befassten Stellen vorliegen, werde ich dem Gemeinderatsausschuss umgehend darüber berichten.“

Auf Nachfrage erfuhren wir, dass es eh den neu erschienen Ergänzungsband zu den Straßennamen (kann man hier finden) gibt, der diese Namen kennzeichnet. Dass weiter 170 Ergänzungstafeln im Entstehen sind. Dass die MA9 die Formulierungen der Zusatztafeln nochmal prüft. Und dass es sich um einen kontinuierlichen Prozess handelt, in dem Walter Sauer und black voices eingebunden sind…(aktueller Stand der Zusatztafeln ist hier abzulesen)

Uns ist das zu wenig, bzw zu unkonkret. Zusatztafel allein in zwei Zeilen werden nicht ausreichen. Daher haben wir den Bericht – sprich die Antwort aus dem Stadträtin Büro abglehnt.

Wir bleiben aber dran!
(Hintergrund zum Diskurs zu Straßennamen in Wien hier)

Die Akten der Reihenfolge nach.

Post Nr. 1

AZ PGL-262216-2023-KGR/GAT;

  1. Antrag von Mag.a Aygül Berivan Aslan, GR Nikolaus Kunrath und GR Mag.a Ursula Berner, MA betreffend „Umbenennung von rassistischen und kolonialistischen Straßennamen in Wien“.
  2. Bericht von Frau Kulturstadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler

Antrag in den Ausschuss zugewiesen: SPÖ/NEOS, GRÜ dafür; ÖVP, FPÖ: dagegen
Bericht: SPÖ/NEOS, ÖVP, FPÖ dafür; GRÜ dagegen

 

Post Nr. 2

AZ 307719-2023-GKU; MA 7 – 1147633-2022

Die Verkehrsfläche (SCD 06846) in 1090 Wien, im Bereich zwischen Nußdorfer Straße und Fluchtgasse, wird in „Ni-Una-Menos-Platz“ (Übersetzt: „Nicht eine weniger“; Steht für ein Zeichen gegen jede Art von Gewalt an Frauen) benannt.

Einstimmig dafür

 

Post Nr. 3

AZ 307764-2023-GKU; MA 7 – 1020414-2022

Die Parkanlage (SCD 20424) in 1120 Wien, im Bereich Schedifkaplatz, wird nach Franz Nekula (Oberamtsrat Franz Nekula; geb. 16. November 1924 in Wien, gest. 26. April 2011 in Wien; Beamter, Gemeinderat und Landtagsabgeordneter, amtsführender Stadtrat sowie Vorsitzender des Wiener Pensionistenverbandes) in „Franz-Nekula-Park“ benannt.

SPÖ/NEOS, ÖVP dafür
GRÜ dagegen –

Hier stimmen die Grünen dagegen, weil die Bezirksrät:innen in Meidling eine Liste verdienstvoller Frauen haben, die nun endlich geehrt werden sollen. Statt auf diese Liste zuzugreifen wurde für den Park wieder auf einen – durchaus verdienstvollen – Mann zurückgegriffen. Es ist schade, dass sich die Stadt nicht an die eignen Vorgaben hält. Nach wie vor gibt es ein großes Ungleichgewicht in der öffentlichen Ehrung zwischen Frauen und Männern. Obwohl Frauen 51% der Bevölkerung ausmachen, sind nur 9% der Straßen Wiens nach Frauen benannt. Es gab schon einmal ein öffentliches Bekenntnis auch der SPÖ diesem Missverhältnis entgegenzuarbeiten und neue Verkehrsflächen vorzugsweise historisch wichtigen Frauen zu widmen. Im Einzelfall finden sich dann leider doch immer Gründe, warum ein Mann einer verdienstvollen Frau vorgezogen wird. Mit unserer Ablehnung wollen wir auf dieses Ungleichgewicht  aufmerksam machen.   

 

Post Nr. 4

AZ 307836-2023-GKU; MA 7 – 813349-2021

Die Parkanlage (SCD 20622) in 1160 Wien, im Bereich Ludo-Hartmann-Platz, wird nach Arik Brauer (Arik (auch Erich) Brauer; geb. 4. Jänner 1929 Wien-Ottakring, gest. 24. Jänner 2021 Wien; Maler, Grafiker, Plastiker, Bühnenbildner, Sänger, Komponist, Tänzer und Dichter) in „Arik-Brauer-Park“ benannt.

Einstimmig dafür

 

Post Nr. 5

AZ 307920-2023-GKU; MA 7 – 518044-2022

Die Parkanlage (SCD 20688) in 1190 Wien, im Bereich Hungerbergstraße, wird nach Friedl Hofbauer (Friedl (eigentlich Elfriede) Hofbauer; geb. 19. Jänner 1924 Wien, gest. 22. März 2014 Wien; Schriftstellerin, Übersetzerin) in „Friedl-Hofbauer-Park“ benannt.

Einstimmig dafür

 

Post Nr. 6

AZ 307984-2023-GKU; MA 7 – 2087562-2022

Die GTVS Wagramer Straße 27 (Code 21999) in 1220 Wien wird in „GTVS Alte Donau“ benannt.

Einstimmig dafür

 

Post Nr. 7

AZ 336165-2023-GKU; MA 7 – 263297-2023

Die Förderung an die Interessengemeinschaft Freie Theaterarbeit für die Jahrestätigkeit in der Höhe von EUR 125.000 wird gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist im Voranschlag 2023 auf der Haushaltsstelle 1/3240/757 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)

Einstimmig dafür

 

Post Nr. 8

AZ 334037-2023-GKU; MA 7 – 239654-2023

Die Förderungen an die nachfolgend genannten Fördernehmer*innen für die Förderung für ukrainische Wissenschaftler*innen in Wien in der Höhe von insgesamt EUR 270.000 werden gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt:

 

Nr. Fördernehmer*in Förderung in EUR
1 Österreichische Akademie der Wissenschaften 90.000
2 Institut für die Wissenschaften vom Menschen 120.000
3 Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust Studien (VWI) Forschung – Dokumentation – Vermittlung 30.000
4 1989 – Verein zur Förderung der historischen Transformationsforschung und des Wissenstransfers 30.000
Summe 270.000

Die Bedeckung ist im Voranschlag 2023 auf der Haushaltsstelle 1/2891/757 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)

Einstimmig dafür

Die FPÖ hatte hier kritische Anmerkungen zur Unterstützung ukrainischer Wissenschaftler. Akzeptierte aber schließlich die Vorgangsweise und stimmte daher für den Antrag.

 

Post Nr. 9

AZ 397016-2023-GKU; MA 7 – 364507-2023

Die Förderung an die Wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts Museen der Stadt Wien für Bezirksmuseen Reloaded in der Höhe von EUR 503.000 wird gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist im Voranschlag 2023 auf der Haushaltsstelle 1/3400/781 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)

Einstimmig dafür

Die Debatte dazu habe ich eingangs zusammengefasst.

 

Post Nr. 10

AZ 340820-2023-GKU; MA 7 – 314138-2023

  1. A) Für die Förderung an das Österreichische Filmmuseum für das Filmmuseum Lab wird im Voranschlag 2023 auf Ansatz 3710, Filmförderung, Gruppe 757, Transfers an private Organisationen ohne Erwerbszweck, eine erste Überschreitung in Höhe von EUR 65.000 genehmigt, die in Minderauszahlungen auf Ansatz 3819, Sonstige kulturelle Maßnahmen, Gruppe 777, Kapitaltransfers an private Organisationen ohne Erwerbszweck, mit EUR 65.000 zu decken ist.
  2. B) Die Förderung an das Österreichische Filmmuseum für das Filmmuseum Lab in der Höhe von EUR 175.000 wird gemäß Förderrichtlinien und Leitfäden der Magistratsabteilung 7 genehmigt. Die Bedeckung ist vorbehaltlich der Genehmigung des Punktes A im Voranschlag 2023 auf der Haushaltsstelle 1/3710/757 gegeben.

(Weiter an: Stadtsenat und Gemeinderat)

Einstimmig dafür

 

Ceija Stojka – Platz – zum ersten Mal in ganz Europa wird ein Platz nach einer Romni benannt

Ceija Stojka lebte nach dem Krieg in Neubau. Als tiefgläubige Katholikin besuchte sie  regelmäßig die Altlerchenfelder Kirche. Der Platz vor der Kirche trägt seit September 2014 ihren Namen.

juni2010 175 - KopieDie autodidakte Sängerin, Autorin und Malerin hat jahrzehntelang dafür gearbeitet, die Verfolgungsgeschichte der Roma und Sinti im Nationalsozialismus zu thematisieren und das Unrecht sichtbar zu machen. In regelmäßigen Workshops – viele davon in Neubau, insbesondere im Amerlinghaus – hat sie als eine der ersten alte und junge Menschen für die Verfolgung und die Geschichte der Roma und Sinti in Österreich sensibilisiert.  Ihr Werk ist voller Hoffnung auf eine gemeinsame, friedliche Zukunft – ungeachtet der Herkunft und frei von gesellschaftlichen Zuschreibungen.

Karteikarte der GESTAPO zur Erfassung der Daten von Ceija Stojka nach ihrer Verhaftung

Karteikarte der GESTAPO zur Erfassung der Daten von Ceija Stojka nach ihrer Verhaftung

Ceija Stojka kam 1933 als Kind von fahrenden Lowara aus dem Burgenland ind er Steiermark zur Welt. 1939 wurde ihre Familie zunächst zur Sesshaftigkeit gezwungen. Sie lebten in Wien, auf der Wiese neben dem heutigen Kongressbad in einer Baracke. 1943 wurde Ceija Stojka noch als 10-jähriges Kind mit Ihrer Mutter und ihren Schwestern ins KZ Auschwitz verschleppt. Später kam sie nach Ravensbrück und schließlich nach Bergen-Belsen, wo sie das Kriegsende erlebte. Von ihrer beinahe unüberschaubar großen Familie (zumindest 250 Mitglieder) überlebten nur sie, ihre Mutter, 2 Schwestern und 2 Brüder. Nach dem Krieg kam sie nach Wien zurück.  Ceija Stojka lebte bis zu ihrem Tod in Wien Neubau.

Aus dem Zyklus ...selbst der Tod hat Angst vor Auschwitz. Tuschezeichnungen.

Aus dem Zyklus …selbst der Tod hat Angst vor Auschwitz. Tuschezeichnungen.

1988 schrieb Ceja Stojka ihr erstes Buch „Wir leben im Verborgenen“. 2001 und 2005 entstanden in Zusammenarbeit mit der Regisseuse Karin Berger einfühlsame Porträts über Ceija Stoika. Sie wurde mehrmals ausgezeichnet – neben dem Bruno Kreisky Preis für das politische Buch 1993 , erhielt sie 2001 das Verdienstkreuz des Landes Wien.

 

 

Als Vorsitzende der Kulturkommission freut es mich besonders, dass wir es geschafft haben vor der Lerchenfelder Kirche nicht nur einen Platz partizipartiv zu planen, sondern darüber hinaus mit der Platzbenennung ein wenig bekanntes Kapitel der Neubauer Geschichte ins Licht zu rücken.

ceija stojka platz ceija stojka platz-nuna

 

 

Unbemerkte Zeugnisse der Vergangenheit – sichtbar gemacht

Anlässlich der Tafelenthüllung zur Erinnerung an das ehemalige Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis (WUG VII) in der Hermanngasse 38/Ecke Burggasse

Wer heute in der Hermanngasse 38 vorbei geht erkennt nichts Spezielles: das Gebäude aus dem Jahr 1820er Jahren beherbergt inzwischen einen privaten Kindergarten, einen privaten Hort und Wohnungen. Nichts erinnert mehr dran, dass hier ein Untersuchungsgefängnis der NS Militärjustiz beherbergt war. Mit einer Tafel wird die Funktion und Geschichte des Gebäudes nun öffentlich gemacht.

Ursprünglich war das Haus vom Schottenstift als Versorgungs- und Waisenhaus geplant und gebaut worden. Ab 1850 zog hier das Bezirksgericht für Mariahilf und Neubau ein. Das Haus verfügte dafür über Amtsräume, Gerichtssäle und im Inneren des U-förmigen Baus waren mehrere Arrestzellen eingerichtet. Das Bezirksgericht wurde in der ersten Republik übernommen. 1932 übernahm die Polizei das Haus zur Gänze, das Bezirksgericht zog aus. Während der Novemberpogrome 1938 wurden hier kurzfristig Juden und Jüdinnen aus den Umlandbezirken festgehalten.

Wann genau das Haus als Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis umgewidmet wurde, ist nicht belegt. Spätestens 1944 wurden hierher Häftlinge verlegt, die schon verurteilt waren und auf ihre Verlegung in ein anderes Gefängnis warteten. Auch zu Tode verurteilte warteten hier. Auch die GESTAPO durfte auf das Gefängnis zugreifen. Das WUG VII war Teil eines 5-teiligen Netzes von Gefängnissen über ganz Wien verteilt. Die zentrale befand sich in Favoriten.

Wie hoch die Belegung in den 40er Jahren war, ist leider nicht belegt. In der ersten Republik boten die Zellen 40 Personen Platz, zusätzlich gab es eine Isolierzelle. Insgesamt lässt sich sagen aber sagen, dass hunderte Häftlinge in der Hermanngasse eingesessen sind. Noch während der letzten Kriegsmonate wurden die Häftlinge schrittweise „evakuiert“.

Nach der Befreiung 1945 übernahm das Schottenstift das Gebäude wieder. Seit 1984/85 wird hier ein Pfarrkindergarten betrieben. 2010 wurde das Gebäude grundlegend saniert und umgebaut. Die ehemaligen Zellen wurden damals zu Wohnräumen umgebaut.

Bis heute wissen nur wenige über die wechselhafte Geschichte des Hauses und seine Verwendung in der Zeit des Nationalsozialismus und davor. Dank Matthias Lichtenwagner wurde die Geschichte dieses Hauses und das System der Wehrmachtsuntersuchungsgefängnisse in ganz Wien näher beleuchtet. Weitere Details zum Haus und zum System der Militärjustiz in Österreich finden sich hier.

Am 8. Mai 2014 um 9.30 Uhr wird vom Bezirk in Zusammenarbeit mit dem Schottenstift und dem Bezirksmuseum direkt am Haus eine Gedenktafel enthüllt, die die Geschichte des Hauses dokumentiert.

Eröffnung Ausstellung Widerstand in LerchenfeldParallel dazu präsentiert das Bezirksmuseum Neubau in der Stiftgasse 8 den ganzen Mai über die Ausstellung „Widerstand und Wehrmachtsjustiz in Neubau“. Sie beleuchtet Hintergründe der Wehrmachtsjustiz und die brutale Verfolgung derjenigen Männer und Frauen, die sich dem Dienst in der Wehrmacht entzogen.

Richard Wardani  war selbst Deserteur und langjähriger Aktivist für die Gerechtigkeit für Opfer der Militärjustiz mehr dazu: http://www.pk-deserteure.at/index.php?id=5

Richard Wardani war selbst Deserteur und langjähriger Aktivist für die Gerechtigkeit für Opfer der Militärjustiz mehr dazu: http://www.pk-deserteure.at/index.php?id=5

 

Die Ausstellung will damit auch das am Wiener Ballhausplatz geplante Deserteursdenkmal ins Bewusstsein rücken.

Veranstaltungen:

  • Tafelenthüllung : 8:Mai 9.30 Uhr , Hermanngasse 38
  • Ausstellung im Bezirksmuseum; Stiftgasse 8. Bis 31.Mai 2014
    geöffnet: Do 16.00 – 18.00 Uhr und Sa 15.00 -17.00 Uhr und auf Anfrage unter 06648317446

Jenny Steiner – Kunstmäzenin und Fabriksbesitzerin

Der Name tauchte in den letzten Jahren vor allem in Zusammenhang mit Kunstrestitutionen aus dem Museum Leopold auf. Bis heute befindet sich hier das Gemälde „Häuser am Meer“ von Egon Schiele, das ursprünglich aus dem Besitz Jenny Steiners stammt. Bis heute warten ihre Nachkommen auf eine Rückgabe. Bis heute konnte man sich in Österreich auf keine angemessene Vorgangsweise zur Rückgabe der 1938 und später geraubten Kunstwerke jüdischer BürgerInnen einigen.

Wir können geschehenes Unrecht nicht wieder gut machen, aber wir können durch die Benennung im öffentlichen Raum ein kleines Zeichen setzen und unsere Wertschätzung für eine Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, die eine wichtige Stütze der Wirtschaft und des Kulturlebens in Neubau und der Stadt Wien war.

Die Vorgeschichte: Die Seidenfabrikantin Jenny Steiner war Mitinhaberin einer der größten Seiden- und Stoffmanufakturen von Wien in den 20er und 30er Jahren mitten im 7. Bezirk. Ihre Fabrik befand sich in der Westbahnstraße 21. Nach dem frühen Tod ihres Mannes führte sie gemeinsam mit ihrem Neffen Albert Steiner das Familienunternehmen weiter. Die Qualität ihrer Stoffe war berühmt. Als moderne Unternehmerin war sie auch um das Wohl ihrer MitarbeiterInnen bemüht, so finanzierte sie zum Beispiel Werks-Wohnungen.

Privat war Jenny Steiner – wie ihre ganze Familie – sehr an Kunst interessiert. Sie sammelte alte Meister und beauftragte viele Arbeiten von Gustav Klimt und auch einige von Egon Schiele. Das Gemälde „Häuser am Meer“, das sich bis heute in der Stiftung Leopold befindet, ist eines von ihnen.

1938, nach dem „Anschluss“, wurde das gesamte Vermögen Jenny Steiners und ihre Kunstsammlung vom nationalsozialistischen Staat eingezogen. Jenny Steiner selbst konnte über Frankreich, Portugal und Brasilien in die USA fliehen.

Die als Eugenie Pulitzer am 11. Juli 1863 in Budapest geborene, verstirbt 95-jährig am 2. März 1958 in New York.

 

 

Frauen Biographien in den öffentlichen Raum einschreiben – Ein Kunstprojekt in Neubau

Die Vorgeschichte:

Im öffentlichen Raum in Wien ist das Geschlechterverhältnis bzw. die Repräsentation von Frauen gemessen an ihrem tatsächlichen Anteil an der Gesamtgesellschaft ähnlich schlecht wie in der Kunst. Alleine im 7. Bezirk tragen von insgesamt etwa 70 Straßen- und Ortsbezeichnungen 28 Flurnamen bzw. geographische Bezeichnungen, 26 Männernamen und fünf Berufsbezeichnungen. Nur zwei tragen die Namen von Frauen. Von den sieben ausgewiesenen Denkmälern im öffentlichen Raum, die im Denkmalamt aufscheinen, erinnert nur eines an eine Frau, nämlich an die Schauspielerin Hansi Niese (1875 – 1934). Es gibt kein von einer Künstlerin gestaltetes Objekt im öffentlichen Raum im Bereich des Bezirks Neubau. Die Gesamtgesellschaft setzt sich dagegen aus ca. 51,3% Frauen und 48,7% Männern zusammen. Frauen haben in der Vergangenheit als Künstlerinnen, Lehrerinnen, Geschäftsfrauen, Wissenschaftlerinnen etc. das Leben im Bezirk geprägt. Viele unserer heutigen Errungenschaften – wie z.B. Schulbildung für alle Klassen und Geschlechter – gehen auf energisches, visionäres und entschiedenes Engagement von Frauen zurück. Dennoch werden sie in den großen Geschichtsdarstellungen gerne vergessen, tauchen nur selten in der persönlichen Erinnerung und fast nie symbolisch in Form von Denkmälern oder als Straßenbezeichnungen im öffentlichen Raum auf. Sie verschwinden unsichtbar.

Deshalb entschied sich die Kulturkommission Neubau Anfang 2010 für einen geladenen  Wettbewerb zur Gestaltung von drei Interventionen im öffentlichen Raum des 7. Bezirks.

Ziel des Projektes ist es, den Anteil an Frauen, die die Gesellschaft aktiv mit gestaltet haben, zu erkennen und sichtbar zu machen. Mit dem Kenntlichmachen der Orte, an denen sie gelebt und/oder gearbeitet haben, soll sowohl ihre Arbeit selbst als auch ihre Verbindung zum Bezirk dargestellt werden: Frauen als Knotenpunkte in der Gesellschaft, als aktiv Handelnde und Gestaltende an bis heute lebendigen Schnittpunkten im Bezirk.

Aufgabenstellung: Die Herausforderung besteht darin, gleichzeitig „zu erinnern“ und eine Verbindung zur Gegenwart zu schaffen. An vorerst drei Orten im Bezirk sollen einander ähnliche, sichtbare Interventionen geschaffen werden, um die Lebensdaten, aber auch das Werk der einzelnen zu erinnernden Frau, zu vermitteln. Die Interventionen sollen sowohl einladen innezuhalten, als auch den Raum als „Frauenraum“ definieren und in der Gestaltung als zusammengehörig erkennbar sein.

Ort 1: Stiftskaserne, Stiftgasse 2a Olly Schwarz (1877 – 1960), Frauenrechtlerin, Gründerin der Wiener Handelsschule für Mädchen und des Athenaeums, Hochschule für Frauen, gründete 1916 die Zentralstelle für weibliche Berufsberatung, mit dem Austrofaschismus wird sie „in Pension“ geschickt, engagiert sich ab 1933 mit der Machtergreifung Hitlers in der „Liga für Menschenrechte“

Ort 2: Augustinplatz Vally Wieselthier (1895 – 1945), Keramikerin, Bildhauerin, Designerin, Mitarbeiterin der Wiener Werkstätte, ab 1927 künstlerische Leiterin der Keramikabteilung, geht 1932 nach New York und beeinflusst weiter eine eigenständige Keramikproduktion der Wiener Werkstätte

Ort 3: Lerchenfelderstr. 131 Gisela von Camesina de San Vittore (1865 – ?) wurde in Triest als Tochter eines österreichischen Beamten geboren und zur Lehrerin ausgebildet. Nachdem sie als Fachlehrerin die Unterrichtsanstalten in Dresden, Stuttgart und Berlin besucht hatte, rief sie 1884 ein ganz neues Unterrichtssystem zur gewerblichen Ausbildung erwachsener Mädchen in Wien ins Leben. Ferner richtete sie im Jahre 1886 als erste Lehrerin in Europa die Unterrichtsabteilung in der Technologie wie auch in der Hygiene und Krankenpflege ein und legte denselben ihre eigenen Lehrbücher zu Grunde.
 EINGELADENE KÜNSTLERINNNEN:

Verantwortlich für die Auswahl der Künstlerinnnen war die Kuratorin Bernadette Ruis, Leiterin des Kulturvereins …to be continued. Das aus der Jurysitzung vom 26. März 2010 hervorgegangene Siegerprojekt „Frauen einen Teppich ausrollen“ von Iris Andraschek wird im Frühjahr 2011 realisiert.

  • Iris Andraschek
  • Martina Braun
  • Michela Ghisetti
  • Barbara Musil
  • Edith Payer
  • Katharina Struber

JURORINNEN:

  • Ursula Berner (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Eva Sibitz (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Christine Schiller (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Gerd Buchinger (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Madeleine Reiser (Vorsitzende der Kulturkommission Neubau)
  • Thomas Blimlinger (Bezirksvorsteher Wien Neubau)
  • Christa Benzer (Kulturjournalistin Der Standard / Springerin)
  • Anna Steiger (Vizerektorin Mag. Akademie der bildenden Künste Wien)
  • Bernadette Ruis (Kuratorin des Projekts)

© 2024 ursula berner

Theme von Anders NorénHoch ↑