reden, ideen, transparenz

Monat: März 2010

Frauen Biographien in den öffentlichen Raum einschreiben – Ein Kunstprojekt in Neubau

Die Vorgeschichte:

Im öffentlichen Raum in Wien ist das Geschlechterverhältnis bzw. die Repräsentation von Frauen gemessen an ihrem tatsächlichen Anteil an der Gesamtgesellschaft ähnlich schlecht wie in der Kunst. Alleine im 7. Bezirk tragen von insgesamt etwa 70 Straßen- und Ortsbezeichnungen 28 Flurnamen bzw. geographische Bezeichnungen, 26 Männernamen und fünf Berufsbezeichnungen. Nur zwei tragen die Namen von Frauen. Von den sieben ausgewiesenen Denkmälern im öffentlichen Raum, die im Denkmalamt aufscheinen, erinnert nur eines an eine Frau, nämlich an die Schauspielerin Hansi Niese (1875 – 1934). Es gibt kein von einer Künstlerin gestaltetes Objekt im öffentlichen Raum im Bereich des Bezirks Neubau. Die Gesamtgesellschaft setzt sich dagegen aus ca. 51,3% Frauen und 48,7% Männern zusammen. Frauen haben in der Vergangenheit als Künstlerinnen, Lehrerinnen, Geschäftsfrauen, Wissenschaftlerinnen etc. das Leben im Bezirk geprägt. Viele unserer heutigen Errungenschaften – wie z.B. Schulbildung für alle Klassen und Geschlechter – gehen auf energisches, visionäres und entschiedenes Engagement von Frauen zurück. Dennoch werden sie in den großen Geschichtsdarstellungen gerne vergessen, tauchen nur selten in der persönlichen Erinnerung und fast nie symbolisch in Form von Denkmälern oder als Straßenbezeichnungen im öffentlichen Raum auf. Sie verschwinden unsichtbar.

Deshalb entschied sich die Kulturkommission Neubau Anfang 2010 für einen geladenen  Wettbewerb zur Gestaltung von drei Interventionen im öffentlichen Raum des 7. Bezirks.

Ziel des Projektes ist es, den Anteil an Frauen, die die Gesellschaft aktiv mit gestaltet haben, zu erkennen und sichtbar zu machen. Mit dem Kenntlichmachen der Orte, an denen sie gelebt und/oder gearbeitet haben, soll sowohl ihre Arbeit selbst als auch ihre Verbindung zum Bezirk dargestellt werden: Frauen als Knotenpunkte in der Gesellschaft, als aktiv Handelnde und Gestaltende an bis heute lebendigen Schnittpunkten im Bezirk.

Aufgabenstellung: Die Herausforderung besteht darin, gleichzeitig „zu erinnern“ und eine Verbindung zur Gegenwart zu schaffen. An vorerst drei Orten im Bezirk sollen einander ähnliche, sichtbare Interventionen geschaffen werden, um die Lebensdaten, aber auch das Werk der einzelnen zu erinnernden Frau, zu vermitteln. Die Interventionen sollen sowohl einladen innezuhalten, als auch den Raum als „Frauenraum“ definieren und in der Gestaltung als zusammengehörig erkennbar sein.

Ort 1: Stiftskaserne, Stiftgasse 2a Olly Schwarz (1877 – 1960), Frauenrechtlerin, Gründerin der Wiener Handelsschule für Mädchen und des Athenaeums, Hochschule für Frauen, gründete 1916 die Zentralstelle für weibliche Berufsberatung, mit dem Austrofaschismus wird sie „in Pension“ geschickt, engagiert sich ab 1933 mit der Machtergreifung Hitlers in der „Liga für Menschenrechte“

Ort 2: Augustinplatz Vally Wieselthier (1895 – 1945), Keramikerin, Bildhauerin, Designerin, Mitarbeiterin der Wiener Werkstätte, ab 1927 künstlerische Leiterin der Keramikabteilung, geht 1932 nach New York und beeinflusst weiter eine eigenständige Keramikproduktion der Wiener Werkstätte

Ort 3: Lerchenfelderstr. 131 Gisela von Camesina de San Vittore (1865 – ?) wurde in Triest als Tochter eines österreichischen Beamten geboren und zur Lehrerin ausgebildet. Nachdem sie als Fachlehrerin die Unterrichtsanstalten in Dresden, Stuttgart und Berlin besucht hatte, rief sie 1884 ein ganz neues Unterrichtssystem zur gewerblichen Ausbildung erwachsener Mädchen in Wien ins Leben. Ferner richtete sie im Jahre 1886 als erste Lehrerin in Europa die Unterrichtsabteilung in der Technologie wie auch in der Hygiene und Krankenpflege ein und legte denselben ihre eigenen Lehrbücher zu Grunde.
 EINGELADENE KÜNSTLERINNNEN:

Verantwortlich für die Auswahl der Künstlerinnnen war die Kuratorin Bernadette Ruis, Leiterin des Kulturvereins …to be continued. Das aus der Jurysitzung vom 26. März 2010 hervorgegangene Siegerprojekt „Frauen einen Teppich ausrollen“ von Iris Andraschek wird im Frühjahr 2011 realisiert.

  • Iris Andraschek
  • Martina Braun
  • Michela Ghisetti
  • Barbara Musil
  • Edith Payer
  • Katharina Struber

JURORINNEN:

  • Ursula Berner (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Eva Sibitz (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Christine Schiller (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Gerd Buchinger (AG des „Unterausschusses für Kunst im öffentlichen Raum“)
  • Madeleine Reiser (Vorsitzende der Kulturkommission Neubau)
  • Thomas Blimlinger (Bezirksvorsteher Wien Neubau)
  • Christa Benzer (Kulturjournalistin Der Standard / Springerin)
  • Anna Steiger (Vizerektorin Mag. Akademie der bildenden Künste Wien)
  • Bernadette Ruis (Kuratorin des Projekts)

Porno, Kunst und die Geldmisere

@http://diepresse.com/home/kultur/kunst/542039/Lokalaugenschein_Der-Swingerclub-in-der-Secession?_

Der Kunst geht’s nicht gut: privates Sponsoring ist begrenzt in Österreich und auch die öffentlichen Stellen neigen in Zeiten der Wirtschaftskrise vermehrt dazu zu knausern… Übrig bleiben die Künstlerinnen und Künstler, die bereit sind unter Selbstausbeutung, im besseren Fall zum Gegenwert vom Material, im schlechteren nur für die Sache selbst zu arbeiten.

Lust im halböffentlichen Kunstraum genossen als Geldbeschaffungs-Instrument.

Neubau hat einen Export zu berichten: Von hier stammt die Basis für die aktuelle Kunstaktion in der Secession: Element6 ist ein Club aus Neubau.

Vögeln für die Kunst  – eine neue Form der Charityparty ?

… wenn gar nichts mehr geht, bleibt nur mehr der Körper übrig zum Verkauf. Als reines Anschauungsobjekt oder in der Steigerung für Sex: Geldbeschaffung durch vorgespiegelte oder echte Lust .

Das passiert zur Zeit in der Secession: Quasi als mehrwöchige Charityparty öffnet hier des nächtens der Club Element6 seine Pforten. Lust im halböffentlichen Kunstraum genossen als Geldbeschaffungs-Instrument.

Der Kunst geht’s nicht gut: privates Sponsoring ist begrenzt in Österreich und auch die öffentlichen Stellen neigen in Zeiten der Wirtschaftskrise vermehrt dazu zu knausern… Übrig bleiben die Künstlerinnen und Künstler, die bereit sind unter Selbstausbeutung, im besseren Fall zum Gegenwert vom Material, im schlechteren nur für die Sache selbst zu arbeiten.

Sie leisten viel für uns alle: Sie kommentieren die Gesellschaft, die Politik, sie regen  an nach zu denken, neue Wege zu gehen, sie provozieren Diskussion. Wenn´s weniger gut gelingt, bleibt´s stecken im reinen Amüsement.

Wenn´s gut gelingt dann reden alle drüber: die Zeitungen, die Politik und die Menschen in der Straßenbahn. Wenn´s noch besser gelingt, schafft die öffentliche Debatte Veränderung.

Der Diskurs jedenfalls ist gelungen. Welche Veränderung wird sich noch zeigen.
Viele erbosen sich über das Oberflächliche. Kramen die doppelbödige christliche Moral der 50er Jahre hervor: Sex hat privat zu erfolgen, möglichst geheim und nur zur Fortpflanzung.
In Räumlichkeiten, die schon vor 100 Jahren mit erotischen Bildern geschmückt wurden (Gustav Klimt), wirkt das absurd. Kunst muss provozieren. Erotik ist ein fixer Bestandteil der Kunst, keine Frage.

Wer sich in der Secession erotisierten lässt, ist freiwillig da, über 18 Jahre alt, und hat Eintritt bezahlt. Ein Eintritt, der nicht irgendwelchen dunklen Gestalten zu gute kommt, sondern den Nachfolgern von Gustav Klimt. Künstlerinnen und Künstlern also und einem Haus, das Tradition hat darin, als KünstlerInnen-Kollektiv selbstständig zu entscheiden, was wann wie gezeigt wird.

Diesmal zeigen sie deutlich und mit Biss wie weit KünstlerInnen heute zu gehen bereit sein müssen, in einer Gesellschaft, deren wichtigstes Interesse nur noch der eigene Lustfaktor ist. Ihre Performance ist kritisch. Sie ist außerdem interaktiv.
Wer das genau bedenkt, und merkt welches Spiel er oder sie hier mitspielt, dem könnte die Lust fast vergehen….

Aber andererseits, man tut´s ja für die gute Sache. Und wem das ganz zu wieder läuft, kann auch untertags kommen, zur Unterstützung.

P.S.: Der nächste Aufreger für Kunst im Öffentlichen Raum startet in Neubau übrigens am Donnerstag den 4. März im Museumsquartier:
Bar Rectum/ Bikini/ Darwin
Begehbare Kunst in Form von überdimensionalen Körperteilen mitten im öffentlichen Raum.
Mehr Info www.kultur-online.net/?q=node/11261&nlb=1

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